Nutri-Score – ein guter Schritt zu einem gesünderen Leben?

Der Nutri-Score

Ab 2023 werden alle Supermarktverpackungen ein neues Logo tragen: den Nutri-Score. Mit fünf Buchstaben und fünf Farben soll es uns helfen, verschiedene Produkte zu vergleichen und leichter eine gesündere Wahl zu treffen.

Warum ist der Nutri-Score wichtig?

Der französische Erfinder des Nutri-Score, Serge Hercberg, sagte 2019, er freue sich, dass der Nutri-Score außerhalb Frankreichs eingeführt werde. „Dies ist gut für die Verbraucher. Dadurch werden die Nährwertangaben harmonisiert, so dass die Verbraucher Produkte mit höherem Nährwert wählen können.

Wie wird der Nutri-Score berechnet?

Dennoch waren Ernährungswissenschaftler in den letzten Jahren nicht sehr begeistert von dem Nutri-Score. Zum Beispiel ist die Punktzahl nicht ganz eindeutig. Weißbrot ist beispielsweise mit A gekennzeichnet, nur weil es wenig Salz enthält. Aber wenn man Brot mit Brot vergleicht, sollte man Vollkornbrot natürlich mit A kennzeichnen, denn die Ballaststoffe sind gesund. Werden Sie also nach dem Salzgehalt oder nach der Menge der gesunden Ballaststoffe vergleichen?

Der Algorithmus, der die Punktzahl berechnet, betrachtet jedoch nur die einzelnen Inhaltsstoffe eines Produkts und berücksichtigt nicht ausreichend die „Gesamtheit des Produkts“. Apfelmus mit Zuckerzusatz erhält eine Eins, genau wie Äpfel. Außerdem wird bei der Bewertung das Verbraucherverhalten nicht berücksichtigt. Von ultra-verarbeiteten Lebensmitteln, zum Beispiel, isst man sehr leicht und auch leicht zu viel. Aber man sieht, dass z. B. Frühstücksflocken, die fast ein Viertel Zucker enthalten, immer noch eine Eins bekommen. Die Verbraucher denken dann: „Ein A ist gut, ich werde dieses Produkt kaufen!“.

Das vermittelt einen falschen Eindruck. Aber… das ist auch gar nicht der Zweck des Nutri-Score! Stattdessen sollten Sie ähnliche Produkte vergleichen. Wenn Sie zum Beispiel vor dem Regal mit den Desserts stehen und eine gesunde Wahl treffen wollen, ist das sehr hilfreich.

„Bis vor kurzem musste man Lebensmitteltechnologe oder Ernährungsberater sein, um den Nährwert von Produkten zu analysieren. Mit dem Nutri-Score ändert sich das.“

Es macht es leichter, gesunde Entscheidungen zu treffen, was im Kampf gegen Wohlstandskrankheiten wie Fettleibigkeit und Krebs hilfreich ist. Aus diesem Grund befürwortet unter anderem die Weltgesundheitsorganisation den Punktestand. Eine Randbemerkung: Man sollte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Oder eine relativ gesunde Tiefkühl-Gemüsepizza (Note A) mit einem sehr fettreichen Lachs (Note D). Bei den Tiefkühlpizzen schneidet diese eine Pizza gut ab, aber sie ist trotzdem eine ungesunde Tiefkühlpizza. Während die natürlichen Fette des Lachses sehr gesund für Sie sind, ist dieser spezielle Lachs aus dem Regal nicht gesund.

Wissenschaftlich fundiert

In Frankreich gibt es dieses Label schon seit Jahren, die Niederlande wollten es 2019 einführen. Das Einführungsdatum wurde jedoch verschoben, um dem wissenschaftlichen Ausschuss, der für das Etikett verantwortlich ist, mehr Zeit für die Korrektur von Unzulänglichkeiten zu geben. Dieser Ausschuss besteht aus unabhängigen Wissenschaftlern aus mehreren Ländern. Auch Deutschland wartet auf das Ergebnis dieses Ausschusses.

Weißbrot ohne Vollkorn wurde beispielsweise früher mit der Note A bewertet. Inzwischen wird zwischen Vollkorn- und Nicht-Vollkornbrot unterschieden.

Aber es ist natürlich immer noch knifflig. Achten Sie auf den Salzgehalt, den Zuckergehalt, den Gehalt an Ballaststoffen oder ungesättigten Fettsäuren? Selbst innerhalb einer Produktkategorie gibt es große Unterschiede zwischen diesen. Denken Sie an zuckerfreie Kekse, die eigentlich viel Salz enthalten. Oder salzarmes Weißbrot, das eigentlich wenig Ballaststoffe enthält.

Die größten Änderungen ab Oktober 2022

Die 11 Forscher kommen zu dem Schluss, dass der Nutri-Score-Algorithmus im Allgemeinen gut funktioniert. Bei einer Reihe von Lebensmittelgruppen, bei denen der Algorithmus offenbar die meisten Kontroversen ausgelöst hat, kommt es jedoch zu Anpassungen. Diese sind, in der Reihenfolge ihrer Bedeutung:

  • Fisch: Der Algorithmus kann nun zwischen Fisch mit zugesetzten (ungesunden) Nährstoffen (insbesondere Salz) und Fisch ohne zugesetzte Nährstoffe unterscheiden.
  • Vollkornbrot: Vollkornprodukte erhalten jetzt eine bessere Bewertung aufgrund ihres Ballaststoffgehalts.
  • Pflanzenöle: Der Algorithmus gibt Ölen, die reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind (wie Raps-, Oliven- und Nussöl), eine bessere Bewertung.
  • zuckerhaltige Produkte wie Süßigkeiten: die Forderung nach allgemein niedrigeren Punktzahlen (aufgrund der geringen Nährstoffdichte und der negativen gesundheitlichen Auswirkungen einer hohen Aufnahme von Einfachzucker) wurde erfüllt.
  • Vollkornreis und Vollkornnudeln: auch hier muss zwischen Vollkornprodukten und raffinierten Produkten unterschieden werden, insbesondere im Hinblick auf ihren Ballaststoffgehalt.
  • ungesüßte und gesüßte Milcherzeugnisse: Verbesserung der Unterscheidung zwischen Milcherzeugnissen auf der Grundlage ihres Zuckergehalts (die Kategorie „Getränke“ befindet sich noch in der Entwicklung).
  • Frühstückscerealien: Auch hier muss zwischen zuckerhaltigen und zuckerarmen Frühstückscerealien unterschieden werden.
  • Fleisch: rotes und verarbeitetes Fleisch sollte ungünstiger eingestuft werden als Fisch oder Geflügel.

Am Ende kommt der wissenschaftliche Ausschuss zu begründeten Änderungen, die es dem Nutri-Score ermöglichen, die ernährungsphysiologische Qualität von Produkten in bestimmten Lebensmittelgruppen besser zu berücksichtigen und vor allem den Ernährungsrichtlinien der verschiedenen Länder besser zu entsprechen.

Der Nutri-Score in Deutschland

Nach diesen wissenschaftlichen Anpassungen bleibt nur noch ein wesentlicher Kritikpunkt übrig:

„Wenn sie nun auch noch verpflichtend (und nicht freiwillig) angewandt wird, sich auch auf unverpackte Grundnahrungsmittel bezieht und Auswirkungen auf Angebot, Preis und Standort hat, dann könnte sie sich durchaus positiv auf die Ernährungsgewohnheiten auswirken.“

In Deutschland ist der Nutri-Score derzeit jedoch freiwillig. Und zwar seit dem 5. November 2022. Seitdem können Unternehmen den Nutri-Score freiwillig und „rechtssicher“ verwenden. Nach Angaben des Bundesernährungsministeriums sind bereits 300 deutsche Unternehmen angeschlossen. Hinzu kommen all die ausländischen Unternehmen, die mit dem deutschen Markt verbunden sind und dort verkaufen. Damit kommen Sie auf 440 Unternehmen mit 719 Marken. Dazu gehören Nestlé, Bonduelle und Danone.

Der italienische Streit

Das Lebensmittelwahl-Logo Nutri-Score hat eine herbe Niederlage erlitten, jubelt der italienische Verband der Lebensmittelindustrie Confagricultura in den italienischen Medien. Dies liegt daran, dass die italienische Wettbewerbsbehörde AGCM entschieden hat, dass der Nutri-Score in Italien nicht verwendet werden darf. Sie basiert nicht auf europäischen Rechtsvorschriften und wäre für die Verbraucher irreführend. Italien hat sich lange gegen die Einführung von Nutri-Score auf europäischer Ebene gewehrt.

Der Grund? „Dieses Kennzeichnungssystem könnte die Verbraucher verwirren. Es ist daher ein irreführendes Instrument“.

Geschützte Lebensmittel aus Südeuropa

Aber es kommt noch etwas anderes ins Spiel: Produkte wie Parmesankäse, Roquefort und Iberico-Schinken erhalten nämlich schlechte Nutri-Scores und haben eine so genannte „geschützte Ursprungsbezeichnung“. Das bedeutet, dass ein Produkt nur dann einen bestimmten Namen tragen darf, wenn es auf die richtige Weise und an einem bestimmten Ort hergestellt wurde.

Dieser Status verhindert, dass solche exklusiven Lebensmittel außerhalb Italiens billiger nachgeahmt werden können. Es stellt aber auch sicher, dass die Hersteller die Rezepte nicht anpassen können, um eine bessere Nutri-Bewertung zu erhalten.

Aus diesem Grund setzt ein Teil der Lebensmittelindustrie alles daran, die Einführung des Etiketts in seiner jetzigen Form zu verhindern.

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